Sie wimmeln und wuseln, hüpfen und springen, sie folgen und begleiten, weisen und deuten – im Jahr 2020 ist der Riecker-Raum des Graphik-Kabinetts Backnang fest in Kinderhand. Mit „Kinderreich“ legen wir in drei kleinen Kabinettschauen mit ausgewählten Graphiken aus dem Bestand der Ernst-Riecker-Sammlung den Fokus auf die Rolle des Kindes in der Kunst auf Papier. Als Symbole oder Allegorien, Amoretten, Putten oder Engel, als Miniaturerwachsene, Genrebilder oder Porträts spiegeln und verdeutlichen Darstellungen von Kindern das Verhältnis der jeweiligen Zeit zur Kindheit. Zunächst noch bei der Hand genommen, reserviert und herausgeputzt, werden sie schließlich gezeigt als Personen, frei von Beiwerk.
Im ersten Teil der Ausstellungsreihe, der „Kinderreich beflügelt“ (02.02.–24.05.) lautet, liegt der Fokus auf rund 14 Darstellungen von kleinen, geflügelten Geschöpfen, die mit prallen Rundungen, Pausbacken, Speckfältchen an Armen und Beinen versehen, aus vollem Herzen zu jubilieren scheinen, in Trauer versinken, vor Übermut Purzelbäume schlagen, Reigen tanzen, sich balgen oder sich als liebeskundig geben: Amoretten, Eroten oder Putten sind fast immer mit Hingabe und Leidenschaft bei ihrem Tun. Dabei erschöpft sich ihre Bedeutung keineswegs nur darin, niedlich oder reizvoll zu sein. Vielmehr versteht man den Sinn und Bedeutungsgehalt der Druckgraphiken, beobachtet man zuerst das Treiben dieser kleinen Geschöpfe.
Ergänzt wird die Ausstellungen durch thematisch passende Auszüge aus der eindrucksvollen Handbibliothek des Sammlers.
Seit dem Jahr 2018 zeigt das städtische Graphik-Kabinett Backnang in einem eigens dafür reservierten Bereich des Helferhauses, dem Riecker-Raum, dauerhaft, aber in stetem Wechsel, eine kleine, wissenschaftlich bearbeitete Auswahl von Graphiken der städtischen Ernst-Riecker-Sammlung. Bei dieser Sammlung handelt es sich um ein knapp 1600 Blatt umfassendes, hochkarätiges Konvolut europäischer Druckgraphik vom 15. bis 19. Jahrhundert samt umfassender Handbibliothek, die in den Jahren 1870 bis 1918 von dem nach Amerika ausgewanderten Backnanger Apotheker Ernst Riecker (1845–1918) zusammengetragen und der Stadt Backnang gestiftet wurde.